Im muslimischen Glauben schmeckt der Ramadan nach Datteln – schon der Prophet Mohammed hat die süße Frucht zu sich genommen, um damit seine Energiereserven aufzuladen.
In Ghana heißt er Fufu, in Togo ist es Pâté – wenn Afrikaner traditionell aus ihrer Heimat kochen, dann steht auf jeden Fall ein Brei als Beilage auf dem Tisch.
Und ob es nun Cepelinai aus der litauischen Küche oder Pierorgi aus Polen sind – in den alten Balkanstaaten schmeckt Zuhause nach gefüllten Klößen. Ja, Heimat ist Geschmacksache und Geschmack ist identitätsstiftend.
Die Idee, über die kulinarischen Vorlieben die Krefelder füreinander zu öffnen, entstand schon vor einiger Zeit. Dr. Tagrid Yousef als Integrationsbeauftragte der Stadt Krefeld und selbst in ihrer Kindheit aus Palästina nach Deutschland gekommen, weiß, wie prägend der Geschmack für die eigene Person sein kann. „Wenn Menschen aus anderen Nationen in unsere Stadt ziehen, dann sind einer der größten Orientierungspunkte Lebensmittelläden, in denen sie Dinge aus der Heimat finden“, beschreibt sie. „Über die Suche nach dem Bekannten lernen sie ihr neues Zuhause dann kennen.“ Auch Claire Neidhardt, Leiterin des Stadtmarketing, bringt französische Wurzel mit. „Krefeld ist eine Stadt, die sich durch eine außergewöhnliche Internationalität und Vielfältigkeit auszeichnet“, beschreibt sie im Leitartikel des Buches. „Wir haben eine Möglichkeit gesucht, dazu einen Zugang zu finden, der möglichst viele Krefelderinnen und Krefelder anspricht.“ Und dieser Zugang ist mit „Geschmacksache“ geschaffen worden.
Jedem Protagonisten sind vier Seiten gewidmet. Eine Seite wird durch ein Interview gestaltet. Die Krefelder erzählen hier in der Regel darüber, wie sie in die Seidenstadt gekommen sind oder warum sie gerne in Krefeld leben. Sie beschreiben aber auch, auf welche Hindernisse sie rund um Ernährung gestoßen sind, welche kulinarischen Unterschiede es zu ihren Heimatländern gibt und wie das Kochen ihren Alltag prägt. Die zweite Seite zeigt jeweils eine charakterstarke Fotografie des Krefelder Fotografen Oliver Brachat. Brachat arbeitet mit einer uralten Kameratechnik: Die Fotos sind auf Nassplatten angefertigt und geben dem Bild eine besondere Tiefe. Auf der jeweils dritten Seite ist das Lieblingsrezept des Protagonisten abgebildet. Und die vierte Seite gibt als Exkurs Einblick in Lebensgewohnheiten, die Geschichte oder in Riten und Bräuche des jeweiligen Landes.
Ein Protagonist zum Beispiel Antonios „Toni“ Arabatzis, der Inhaber des Krefelder Traditionslokal Gleumes. Als Gastarbeiter kamen seine Eltern aus Griechenland nach Deutschland. Toni wächst in Krefeld auf und wird mit den kulturellen Unterschieden konfrontiert: Schon als Kind stellt er fest, dass das Osterfest beispielweise für eine griechisch-orthodoxe Familie eine völlig andere Bedeutung hat als für eine katholische. Als Lieblingsrezept bringt er „Gefüllte Auberginen – Papoutsakia“ mit und im Exkurs erfährt der Leser, dass die Gedichte des Schriftsteller Archestratus den Begriff „Gastronomie“ auch noch heute maßgeblich prägen.
Auch Suk-Boon Kim ist für das Land Südkorea Teil des Krefelder Kochbuchs. Im Interview erzählt sie von einem besonderen Brauch rund um eine koreanische Hochzeit: Hier wird eine Nudelsuppe mit besonders langen Nudeln serviert. Das Getreideprodukt symbolisiert das lange gemeinsame Leben, das dem Hochzeitspaar gewünscht wird. Dem aufmerksamen Leser fällt auf: Auch in anderen asiatischen Ländern kommt der Nudel immer wieder eine Bedeutung zu. Kim bringt das Rezept „Kimchi“, ein fermentierter Gemüsesalat mit. Im Exkurs erfährt der Leser, wie dieses traditionell serviert werde soll. Denn Koreaner würden auf dem Teller niemals einzelne Bestandteile der Mahlzeit mischen: Jede Spezialität muss einzeln genossen werden.
Was war nun meine Aufgabe bei der Entstehung von Geschmacksache? Das Stadtmarketing trat im Oktober an mich heran und bat um professionelle Begleitung. Viele Interviews und Rezepte lagen bereits vor, waren aber in ihrer Form nicht einheitlich und vor allem auch aufgrund fehlender Deutschkenntnisse oft nicht gut zu verstehen. Ich wurde beauftragt, um die Rezepte und Interviews „schön zu machen“. Dafür habe ich nachrecherchiert, rumtelefoniert, gekürzt und umgeschrieben – immer im Blick: Den Charakter der Protagonisten, denn auf keinen Fall wollten wir den Interviews ihre Persönlichkeit nehmen. Darüber hinaus habe ich die Begleittexte geschrieben und die gesamten Exkurse recherchiert und verfasst. Am Ende kann ich stolz sagen: Alle 280 Seiten sind durch meine Hände gegangen – das ist ein tolles Gefühl.
Entstanden ist nun ein Werk, das die Unterschiedlichkeit, die Krefeld ausmacht, abbildet. Die liebe Carla Osebold hat mit ihren Linoleum-Drucken eine besondere Lebendigkeit in das Werk gebracht und Camile Köhler den Designentwurf geliefert. Oliver Brachat und seine fantastischen Fotografien habe ich ja schon erwähnt.
Die Stadt Krefeld nennt auf ihrer Webseite folgende Verkaufsstellen, bei denen das Buch für rund 30 Euro zu erwerben ist:
Innenstadt:
Klein’sche Buchhandlung J.B. GmbH
Rheinstraße 133, 47798 Krefeld
Telefon: 0 21 51 / 26 58 2
Der andere Buchladen
Dionysiusstraße 7, 47798 Krefeld
Telefon: 0 21 51 / 66 84 2
Hüls:
Hülser Buchhandlung
Kempener Str. 6, 47839 Krefeld
Telefon: 0 21 51 / 73 08 70
Fischeln:
Hafels Raumausstattung
Kölner Straße 530, 47807 Krefeld
Telefon: 0 21 51 / 30 96 0
Bockum:
Bockumer Buchhandlung – Volkmann
Uerdinger Str. 608-610, 47800 Krefeld
Telefon: 0 21 51 / 15 85 85 1
Kunst Massiv – Carla Osebold:
Westwall 54, 47798 Krefeld
oseboldcarla@gmail.com
Des Weiteren besteht die Möglichkeit, das Kochbuch über stadtmarketing@krefeld.de zu bestellen, zuzüglich 3,80 Euro Versandkosten. Ich wünsche euch und Ihnen viel Spaß beim Lesen!